Melanie Racine
Die Digitalisierung schreitet schnell voran und verändert immer mehr Lebensbereiche. Während sich die Wirtschaft und jüngere Menschen schnell an die neuen Möglichkeiten gewöhnen, scheint die Politik teilweise hoffnungslos überfordert. Die Jungfreisinnigen im Kanton Solothurn rund um Melanie Racine gingen bei den Wahlen 2019 gar mit einer Liste "Digitalisierung" an den Start, um mehr digitale Kompetenz ins Bundeshaus zu hieven.
Geballte Kompetenz im Bundeshaus
Im Schweizer Milizparlament findet man bereits heute eine breite Palette an verschiedenen Fachleuten aus diversen Expertengruppen. Dies verwundert auch nicht.
Jede Expertengruppe würde wohl gerne einen Teil ihrer Kompetenzen ins Bundeshaus auslagern, da man dort einen grossen Einfluss auf die Bedingungen im Land ausüben kann. So wollen Naturwissenschaftler den Mathematikunterricht in der obligatorischen Schulzeit stärken, Journalisten fordern Gesetze, welche die Recherchearbeiten sicherer machen (zum Beispiel Schutz für Whistleblower) und ein Unternehmer mit einer energieintensiven Firma fordert ein stabiles Energieversorgungssystem.
Diese Vielfältigkeit ist eine grosse Stärke unseres Parlaments. Man sollte aber kritisch begutachten, ob wirklich alle Kompetenzen entsprechend ihrer Wichtigkeit vertreten sind.
Bekannt ist, dass vor allem Unternehmer/innen, Juristen/innen und Landwirte/innen eine sehr hohe Vertretung haben, je nach Blickwinkel sogar eine zu hohe Vertretung.
Auch Dozenten/inne und Lehrer/innen, Ingenieure/innen und Politologen/innen sind mehr oder weniger angemessen vertreten.
Fehlende IT-Experten im Bundeshaus?
Hingegen sind vor allem junge IT-Experten/innen relativ selten vertreten, insbesondere wenn man bedenkt, dass Informationstechnologien einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben und gleichzeitig viele Fragen offen sind. Ist der aktuelle Datenschutz ausreichend? Wo beginnt Zensur? Welche Risiken gehen von Künstlichen Intelligenzen aus? Sind genügend IT-Experten in Ausbildung? Haben wir genug Strom, um alle IT-Systeme am Leben zu erhalten?
Um dem entgegenzuwirken, haben die Jungfreisinnigen Solothurn für die Wahlen 2019 eine separate Liste „Digitalisierung“ ins Leben gerufen. Für die Liste «Digitalisierung» kandidieren: Melanie Racine, Benedikt Fürholz, Alexander Zingrich, Dylan Ferraro, Michael Schoy und Philipp Eng. Diese Personen bewegen sich in verschiedenen Bereichen, welche direkt oder indirekt mit der Digitalisierung zusammenhängen und haben Jahrgänge zwischen 1989 und 2000. Gerade Menschen, welche in diesem Zeitraum geboren sind, sind bereits im Jugendalter mit modernen Technologien aufgewachsen. Eine solche Liste ist mir natürlich nicht lange verborgen geblieben.
Ich konnte der Mediamatikerin Melanie Racine, welche aktuell Business Communication in Zürich studiert, viele, sehr viele Fragen stellen…
Interview
Fragen zum Thema Energie und Verkehr
Könnten neue Atomkraftwerke (der neusten Generation IV) einen Beitrag zum Klimaschutz in der Schweiz leisten?
Ja, definitiv. In der Energiestrategie 2050 hat die Schweiz ja den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Aus meiner Sicht ist dies aber der falsche Weg für einen effektiven Klimaschutz. Die Kernenergie ist eine der saubersten Energiequellen. Momentan bestehen Sicherheitsrisikos, weil die Atomkraftwerke nicht genügend saniert werden und nicht weiter geforscht wird, was aus meiner Sicht schade ist.
Klar wäre es am idealsten, wenn wir unseren Strom nur aus Wasser, Wind und Solar erzeugen könnten, aber das ist momentan schlicht nicht realistisch. Vor allem weil noch keine Lösung zur Speicherung des gewonnenen Stroms besteht. Wenn wir unsere Atomkraftwerke abschalten, sind wir abhängig vom Ausland und müssen unseren Stromimport erhöhen. Dieser stammt dann meistens aus Kohlekraftwerken, was sich schädlich auf unser Klima auswirkt.
Formel-E Rennen in der Schweiz, ist das sinnvoll?
Die vergangenen Formel-E Rennen in der Schweiz waren ein voller Erfolg und fanden grossen Anklang in der Bevölkerung. Anhand der Besucherzahlen sieht man, dass die Nachfrage besteht und aus diesem Grund finde ich diese Anlässe auch sinnvoll.
Sollen Velorouten und der ÖV tendenziell stärker ausgebaut werden als der motorisierte Individualverkehr?
Unser ÖV ist ein Erfolgsmodell und sollte unbedingt weiter ausgebaut werden. Nichtsdestotrotz ist der motorisierte Individualverkehr in Zukunft nicht wegzudenken. Stellen wir uns zum Beispiel ein Malergeschäft vor, welches ihre Arbeitsutensilien mit dem ÖV transportieren muss. Gerade für KMU’s ist der Individualverkehr wichtig. Ausserdem ist nicht das Auto an sich das Problem, sondern wenn, dann der Treibstoff. Durch Innovation und Forschung bin ich überzeugt, dass Autos in Zukunft umweltfreundlicher unterwegs sein werden. Den Ausbau der Velorouten finde ich je nach Situation und Gemeinde auch sinnvoll.
Die Schweiz hat relativ restriktive Gesetze betreffend Geschwindigkeitsübertretungen im Strassenverkehr. Sollten diese gelockert werden?
Es ist wichtig und richtig, dass es für Raserdelikte hohe Strafen gibt. Wenn man diese jedoch vergleicht z.B. mit Pädophilie-Vorfällen sind die Strafen nicht verhältnismässig. Hier sollte aus meiner Sicht angesetzt werden. Zudem finde ich die Regelungen für Junglenkerinnen und -lenker ziemlich streng. Die 3 Jahre bis man den definitiven Ausweis erhält, finde ich eine lange Zeit, vor allem weil man sich ja nichts erlauben darf in dieser Probephase. Aus meiner Sicht würde es mehr Sinn machen, dass z.B. Autofahrer und -fahrerinnen ab 70 Jahren auch obligatorische Kurse besuchen und sich strenger an Alkoholregeln halten müssen.
Fragen zum Thema Technologie/Digitalisierung/Automatisierung
Soll der kommerzielle Einsatz von Gentechnik legalisiert werden? Falls ja, wo muss man in Ihren Augen die Grenzen ziehen?
Bei der Gentechnologie sollten Regeln aufgestellt werden, anstatt Verbote. Die Gentechnologie birgt grosse Chancen, aber auch Risiken. Wenn die Technologie jedoch von Anfang an verboten wird, fehlen wichtige Erkenntnisse in der Forschung.
Wichtig ist aus meiner Sicht eine Deklarationspflicht für die Konsumenten, falls ein Produkt gentechnisch verändert wurde. So kann man selber entscheiden, ob man dies unterstützen möchte oder nicht. Es braucht zudem unbedingt Regeln bei der gentechnischen Veränderung von Lebewesen.
Soll das Beherrschen einer Programmiersprache zur Allgemeinbildung gehören und entsprechend breit an Schulen unterrichtet werden? (Zum Beispiel in der Oberstufe der regulären Schulzeit). Falls ja, welche Programmiersprache würde sich für diesen Unterricht eignen?
ICT-Unterricht ist für mich ein Muss in der heutigen Zeit. Ich bin jedoch nicht sicher, ob es Sinn macht allen Schülern eine Programmiersprache beizubringen. Ich kann aus persönlicher Erfahrung sprechen, da ich eine Lehre im ICT-Bereich absolviert habe (Mediamatikerin). Auch wir haben Programmiersprachen gelernt, wobei mich das nie sonderlich interessiert hat. Und trotzdem bin ich heute im ICT-Bereich tätig (vor allem im Bereich Foto, Film und Animationen in einer Marketingagentur). Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll, den Schülern und Schülerinnen den Umgang mit technischen Geräten, Social Media, Adobe Programmen, CMS-Systemen etc. beizubringen. Den Fokus nur auf das Programmieren setzen, finde ich jedoch in der obligatorischen Schule nicht sinnvoll.
Soll es in Zukunft möglich sein, dass man neben menschlichen Politikern auch Roboter/Künstliche Intelligenzen ins Bundeshaus wählen kann?
Ich bin sehr offen für die Einführung von Roboter und KI, in Bereichen, in denen es sinnvoll ist. In der Politik wären Roboter aus meiner Sicht weniger geeignet, da Empathie, Kompromissfähigkeit etc. wichtige Faktoren unseres politischen Systems sind. Bei wiederkehrenden Aufgaben, wo keine Empathie benötigt wird, macht für mich der Einsatz von Robotern und KI durchaus Sinn. Dies wird aber meistens in der Privatwirtschaft der Fall sein.
Braucht es Regulierungen/Gesetze, um Unternehmen daran zu hindern letale, autonome Waffensysteme zu entwickeln?
Aus meiner Sicht ist es der falsche Weg, Unternehmen daran zu hindern, autonome Waffensysteme zu entwickeln. Die Systeme werden so oder so entwickelt und keine Gesetze oder Verbote können dies aufhalten. Ich persönlich finde es sinnvoller, wenn Unternehmen diese Systeme entwickeln, da die Entwicklung kontrolliert und verfolgt werden kann. Ansonsten kann es gut sein, dass diese Systeme illegal hergestellt werden und plötzlich auf dem Schwarzmarkt zu finden sind und nicht mehr kontrolliert werden können. Es ist aber ein sehr umstrittenes Thema, welches ethische, sicherheitspolitische und rechtliche Fragen aufwirft. Deshalb braucht es aus meiner Sicht zwingend Regeln bei der Entwicklung.
Im neusten Ableger der Computerspielreihe Call of Duty werden in der Einzelspielerkampagne diverse Kriegsverbrechen begangen. Neben Waterboarding, Giftgasangriffen und Massakern an Zivilisten, welche man alle aus der Opferperspektive erlebt, ist es gegen Ende des Spieles auch notwendig Frau und Kind eines Terroristen zu entführen, um aus ebendiesem Terroristen Information über Massenvernichtungswaffen zu erpressen. Sind solche menschenverachtenden Spiele nicht eine Gefahr für unsere Gesellschaft? Braucht es Verbote? Ist sogar genau das Gegenteil der Fall, ist es gar die Pflicht eines Gamedesigners Krieg so realistisch wie möglich darzustellen, insbesondere auch mit welchen Dilemmas Soldaten zu kämpfen haben?
Ich kenne mich selber gar nicht mit Videospielen aus und finde diese Schilderungen sehr schockierend. Für mich ist es aber auch schwer zu verstehen, wie man solche Spiele freiwillig spielen kann… Das ist aber eine andere Sache ;-) Ich bin grundsätzlich gegen Eingriffe in den Markt und befürworte eine offene Marktwirtschaft. Deshalb finde ich Verbote oder Pflichtvorgaben wie ein Videospiel aufgebaut sein soll, nicht sinnvoll. Für diese Spiele braucht es aber unbedingt Altersbeschränkungen und eine Deklarationspflicht, was in den Spielen vorkommt. Dann ist es meiner Sicht auch eine Erziehungsangelegenheit, dass Jugendliche nicht mit solchen Spielen in Kontakt kommen. Wenn eine erwachsene Person entscheidet ein solches Spiel zu spielen, dann kann man dies aus meiner Sicht nicht verbieten.
Fragen zum Thema Gesellschaft/Wirtschaft
Die Jungfreisinnigen haben eine Initiative lanciert, in der sie die Erhöhung des Rentenalters für alle Geschlechter auf 66 mit anschliessender automatischer Anpassung an die Lebenserwartung fordern. Viele ältere Arbeitnehmer beklagen sich schon heute, dass sie nur schwer einen neuen Job finden würden. Andere befürchten eine Massenarbeitslosigkeit durch die Automatisierung und die Digitalisierung. Ist eine solche Initiative wirklich nötig?
Die AHV muss dringend saniert werden, damit unsere Generation auch noch davon profitieren kann. Laut Prognosen wird die AHV in ca. 20 Jahren bankrott sein, wenn wir nichts dagegen unternehmen. Andere Länder, wie z.B. Dänemark, Holland, England oder Deutschland haben dies schon erkannt und werden ab 2050 ein Rentenalter von 67 Jahren oder höher einführen. Da unsere durchschnittliche Lebenserwartung um 10 Jahre gestiegen ist, macht es für mich Sinn, dass wir das Rentenalter auch anpassen. Dabei stellen wir mit der Renteninitiative sicher, dass wir immer noch rund 20% unseres Lebens im Ruhestand verbringen.
Die Arbeitslosenquote für Personen der Altersgruppe ü50 ist tiefer als die der Jugendarbeitslosigkeit. Wir nehmen dieses Problem aber ernst und erkennen die Herausforderung, dass viele ü50 Personen Mühe haben, wieder einen Job zu finden, wenn sie arbeitslos werden. Dieses Problem möchten wir aber gezielt lösen mit folgenden Lösungsvorschlägen: Senkung der Beiträge in der zweiten Säule, Förderung der Weiterbildung und bessere Hilfe bei der Neuorientierung.
Die Angst vor einer Massenarbeitslosigkeit durch die Automatisierung und Digitalisierung ist nochmals ein anderes Thema. Ich sehe in der Digitalisierung vor allem die Chance, dass neue Arbeitsplätze entstehen und Routineaufgaben in Zukunft durch Roboter und Automatisierungen übernommen werden können. Auch hier ist die Förderung von Weiterbildungen und die Hilfe bei der Neuorientierung enorm wichtig.
Besteht in Ihren Augen die Gefahr, dass eine Frauenquote den Frauen mehr schadet, als nützt?
Ja, absolut. Quoten stellen Frauen als schwächeres Glied dar, die es ohne Hilfe des Staates nicht schaffen, eine Stelle zu erhalten oder in ein Amt gewählt zu werden. Für mich sind Quoten nur eines: Eine Diskriminierung. Es ist aber ein Fakt, dass Frauen in Führungspositionen untervertreten sind, was ich sehr bedauere. Hier braucht es aber andere Massnahmen, wie z.B. eine Elternzeit, bezahlbare Kinderbetreuungsplätze, Schulungen für Mütter, welche wieder in den Berufsalltag einsteigen etc.
Welche Schreibweise(n) ist/sind in Ihren Augen korrekt, wenn alle Geschlechter gemeint sind (mehrere Antworten sind erlaubt)?
Politiker.
Politikerinnen.
Politiker/innen.
Politikerinnen und Politiker.
Politiker*innen.
Politiker[x]innen.
Politiker(innen).
Ich selber wende häufig die Schreibweise Politikerinnen und Politiker, nominalisiere das Wort oder wechsle mich je nach Satz mit den Geschlechterformen ab, was mir auch im Studium beigebracht wurde. Wobei aus meiner Sicht nicht immer das weibliche Geschlecht zuvorderst stehen muss, da wechsle ich mich ab. Die anderen Schreibweisen finde ich in einem Fliesstext eher unangebracht, da sie den Lesefluss behindern. Für Titel oder Überschriften, kann es jedoch durchaus sinnvoll sein, damit sich niemand ausgeschlossen fühlt. Jede und jeder sollte aber selber entscheiden können, welche Geschlechterform sie verwenden möchten. Kürzlich wurden in Zürich diverse Vorstösse abgelehnt, weil die beiden Geschlechterformen nicht durchgehend verwendet wurden. Dies finde ich völlig unsinnig und es erhöht nur die Bürokratie.
Welche dieser beiden Regierungszusammenstellungen würde der Schweiz in Ihren Augen mehr Schaden zufügen? Warum?
A: 3 Bundesräte für die FDP und 4 Bundesräte für die SP.
B: 3 Bundesräte für die FDP und 4 Bundesräte für die EDU.
Ich denke beide dieser Regierungszusammenstellungen würden der Schweiz schaden. Unser politisches System lebt von mehreren Parteien und ich unterstütze die Zauberformel, wonach die drei Parteien mit der grössten Parteistärke zwei Sitze im Bundesrat erhalten.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Negativzinspolitik der Nationalbank?
Aus meiner Sicht bringt die aktuelle Negativzinspolitik der Nationalbank mehr Schaden als Wirkung. Die aktuelle Situation verunsichert Sparer und belastet Unternehmen. Zudem wird es für die Pensionskasse immer schwerer, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.
Finden Sie es erstrebenswert, wenn die Politik Massnahmen ergreift, um eine 24-Stunden-Gesellschaft zu ermöglichen? (Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten, Abschaffung des Tanzverbots, Abschaffung des Sonntagsarbeitsverbots).
Ich erachte eine 24-Stunden-Gesellschaft als zukunftsorientiert und passend für die laufend verändernden Bedürfnisse unserer Gesellschaft. Vor allem in den Städten wird eine Liberalisierung der Öffnungszeiten nicht mehr wegzudenken sein. Aus meiner Sicht sollte nicht der Staat bestimmen, wann und wie lange die Läden geöffnet sind, sondern die Ladeninhaber. Schon heute erhalten die Mitarbeitenden Zuschläge, wenn sie bis später am Abend oder an Feiertagen arbeiten. Ladenbesitzer können diese Arbeitszeiten weiterhin attraktiv gestalten, damit die Mitarbeitenden bereit sind, diese Arbeitstage in Kauf zu nehmen.
Fragen zum Thema Aussenpolitik
Vermutlich wird das Vereinigte Königreich (UK) in den nächsten Jahren die EU verlassen. Soll die Schweiz sich aktiv für eine Stärkung der EFTA einsetzten? Inkl. einen Beitritt von UK zur EFTA?
Die EU ist unser wichtigster Handelspartner. Deshalb finde ich eine Festigung unserer bilateralen Beziehung sehr wichtig. Eine Stärkung des EFTA ist wichtig für uns, da wir ein Exportland sind.
Soll die Schweiz eher ihre Neutralität wahren oder soll die Schweiz eher aktiver Stellung zu internationalen Geschehnissen beziehen?
Soll die Schweiz gar offensive Militäreinsätze im Ausland in Erwägung ziehen?
Die Schweiz sollte unbedingt ihre Neutralität bewahren. Diese Einstellung hat sich in den letzten Jahren bewährt und zählt zu unseren Stärken. Wir sollten weiterhin Verhandlungen mit dem Ausland führen, aber ohne offensive Militäreinsätze.
Soll man belehrend in fremde Kulturkreise eingreifen, deren Praktiken man ablehnt (Beispiel Mädchenbeschneidung)?
Belehrend finde ich das falsche Wort. Ich finde, wir dürfen durchaus andere Kulturen darauf aufmerksam machen, dass gewisse Praktiken in der Schweiz nicht gutgeheissen werden und nicht mehr der heutigen Zeit entsprechen.
Fragen zum Thema Migration
Besteht in Ihren Augen eine Gefahr, dass, durch die Einwanderung aus anderen Kulturen, gesellschaftliche Fortschritte in der Schweiz wieder rückgängig gemacht werden könnten (zunehmende Homophobie, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit oder sogar eine Einführung der Todesstrafe oder ein Verbot von Abtreibungen)?
Ich habe einige Freunde aus der islamischen Kultur und habe schon öfters gemerkt, dass nicht alle gleich fortschrittlich denken wie wir. Gerade bei der Homophobie oder der Frauenfeindlichkeit stellt dies für mich ein Problem dar. Meistens sind dies jedoch die Eltern oder Grosseltern und nicht meine gleichaltrigen Freunde, welche in der Schweiz aufgewachsen sind. Deshalb finde ich Aufklärung und Integration bereits in der Schulzeit sehr wichtig. Ich bin überzeugt, dass wir mit gegenseitigem Verständnis, die gesellschaftlichen Fortschritte erhalten und auch erweitern können.
Eine Volksinitiative fordert ein schweizweites Vermummungsverbot. Unterstützen Sie ein solches Verbot?
Nein, ich unterstütze das Burkaverbot nicht. Es ist nicht die Aufgabe des Schweizer Staats eine andere Kultur korrigieren zu wollen. Ausserdem ist dieses Verbot ein Eingriff in unsere Freiheitswerte.
Dürfen Statistiken dazu gebracht werden, um Menschen präventiv in die Verantwortung zu ziehen? So zahlen zum Beispiel Neulenker ohne Schweizerpass mehr Auto-Versicherungsprämien als erfahrene Lenker mit einem Schweizer Pass. Oder die Wahrscheinlichkeit das eine 75-jährige Schweizerin von der Polizei kontrolliert wird, ist geringer als dies bei einem 20-jährigen Migranten der Fall ist.
Statistiken lügen nicht und den Zahlen sollte klar Beachtung geschenkt werden. Ich finde es einfach schwierig, dass eine ganze Gruppe diskriminiert wird, obwohl wahrscheinlich nur
wenige Personen dieser Gruppen dafür verantwortlich sind.
Ich finde es bedenklich eine ganze Personengruppe zu diskriminieren aufgrund von vorherigen Vorfällen. Klar, Statistiken lügen nicht und den Zahlen sollte auch Beachtung geschenkt werden,
aber oftmals handelt es sich nur um wenige Personen einer Gruppe, die für grössere Schäden verantwortlich sind.
Wie progressiv ist Melanie Racine?
Jede Person kann sich progressiv nennen, genauso wie sich auch jeder "grün" nennen kann. Doch wann ist man genau progressiv? Die Begriffserklärung auf Wikipedia zu "Progressivismus" sagt Folgendes:
"Der Progressivismus entstand als politische Strömung als eine Antwort auf die gesellschaftlichen Veränderungen zu Zeiten der Industrialisierung. Die extreme soziale Ungleichheit, die mit dem industriellen Entwicklungsprozess einherging, sorgte für die Angst davor, dass sich als Folge der entstandenen riesigen monopolistischen Konzerne und wegen der gewalttätigen Unruhen zwischen Arbeitern und Kapitalisten ein wirtschaftlich-gesellschaftlicher Zustand herausbilden könnte, der einen weiteren Fortschritt behinderte."
Progressive sind weder links noch rechts, sie bewegen sich auf der Gegenseite des Konservativismus und stehen meistens dem Liberalismus nahe. Progressive sind überzeugt von technischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Fortschritten. Wobei man zwischen einem staatlich verschriebenen Progressivismus (siehe Blog über die Sozialdemokraten) und einen liberalen Progressivismus unterscheiden muss.
Eigenschaften eines staatlich verschriebenen Progressivismus
Beim einem staatlich verschriebenen Progressivismus hängt es stark davon ab, ob der Staat demokratisch, teil-demokratisch oder autorität aufgebaut ist.
Bei einem voll-demokratischen Staat, wie z.B. der Schweiz wird über fortschrittsförderne Massnahmen abgestimmt und eine Mehrheit der Stimmberechtigten entscheiden wie viel und in
welcher Art und Weise der Fortschritt gefördert wird. Aber auch bei einer voll-demokratischen Struktur kann es immer noch viele Fortschrittskritiker geben. Stimmen 51% für eine
fortschrittsfördernde Massnahme, so haben dennoch 49% dagegen gestimmt.
Bei einem halb-demokratischen Staat, wie z.B. Deutschland wählen die Wahlberechtigten ein Parlament, welches, je nach Wahlergebnis, mehr oder weniger progressiv ist. Die
Problematik liegt hier vor allem daran, dass Politiker/innen während des Wahlkampfes häufig progressivere Positionen einnehmen, als sie nach der Wahl auch umsetzen.
Bei einem autoritären Staat, wie z.B. Saudi-Arabien setzt die Regierung fortschrittsförderende Massnahmen ohne Einbezug des Volkes durch. Das Risiko, dass eine Regierung so am Volk
vorbei politisiert, ist sehr gross. Der Vorteil eines autoritären Staats liegt aber in der Reaktionszeit, welcher für politische Entscheidungen gebraucht wird. In einer Diktatur kann man
zum Beispiel die Legalisierung der Gentechnik von heute auf morgen realisieren, während es in einer voll-demokratischen Struktur den Einbezug von Parlament und Volk braucht. Der Prozess
kann sich so über Jahre hinziehen.
Eigenschaften eines liberalen Progressivismus
Wenn man den liberalen Progressivismus in zwei Sätzen beschreiben will, so macht man es am besten wie folgt:
"Eigenverantwortliche Konsumenten in einer freien Markwirtschaft streben ein möglichst qualitativ hochstehendes Leben in der Gegenwart an. Die eigenverantwortlichen Konsumenten sind
aber bereit, um Ihren Kindern ein noch besseres Leben zu ermöglichen, ihre Arbeitsleistung in weitergehende Fortschritte zu investieren."
Angewandt auf die Mobilität ergibt sich Folgendes:
-
- Phase 1: Autos werden entwickelt, um reiche Menschen von A nach B zu bringen.
- Phase 2: Es werden Effizienzmassnahmen bei der Herstellung ergriffen, um auch dem Mittelstand den Kauf eines Autos zu ermöglichen.
- Phase 3: Immer mehr Menschen werden durch Autounfälle getötet. Autohersteller investieren Ressourcen in die Entwicklung von Sicherheitssystemen.
- Phase 4: Vor allem in den Städten verursachen Autos viele Probleme. Tram und Busverbindungen werden ausgebaut.
- Phase 5: Dieselmotoren werden vermehrt verbaut, da sie mehr Drehmoment bei tiefen Drehzahlen erreichen und somit weniger Treibstoff verbrauchen.
- Phase 6: Aufgrund Umweltschäden und steigender Verkehrsdichte steigt die Nachfrage nach kompakten Kleinwagen.
- Phase 7: Alternative Antriebssysteme setzen sich durch, da ein Verbrennungsmotor viel Lärm verursacht, CO2 ausstösst und einen schlechten Wirkungsgrad aufweist.
Daraus lassen sich folgende Vorteile ableiten:
- Fortschritte werden im Interesse von Konsumenten gemacht.
- Fortschritte bleiben bezahlbar, da der Konsument für die Kosten aufkommt.
- Es werden bürokratische Aufwände vermieden, da es weniger Gesetze braucht.
- Freie Märkte können schneller auf Trends reagieren als der Staat.
Es gibt aber auch eine Reihe von Nachteilen:
- Marketing beeinflusst die freie Entscheidung der Konsumenten und führt zu nicht-rationalen Kaufentscheidungen.
- Gruppendruck und das Verlangen nach Status führt ebenfalls zu nicht-rationalen Kaufentscheidungen.
- Der freie Markt lässt sich nur schwer kontrollieren.
Wer sich dich Antworten von Melanie Racine angeschaut hat, wird schnell feststellen, dass sie sich klar für den "Fortschritt durch Liberalismus" entschieden hat. Dies sieht man insbesondere an der Antwort zum Thema Gentechnik: "Bei der Gentechnologie sollten Regeln aufgestellt werden, anstatt Verbote. Die Gentechnologie birgt grosse Chancen, aber auch Risiken. Wenn die Technologie jedoch von Anfang an verboten wird, fehlen wichtige Erkenntnisse in der Forschung.
Wichtig ist aus meiner Sicht eine Deklarationspflicht für die Konsumenten..." oder auch an der Antwort zur Frage bezüglich Formel-E Rennen in der Schweiz: "Die vergangenen Formel-E Rennen in der Schweiz waren ein voller Erfolg und fanden grossen Anklang in der Bevölkerung. Anhand der Besucherzahlen sieht man, dass die Nachfrage besteht und aus diesem Grund finde ich diese Anlässe auch sinnvoll."
Die beiden Beispiele Gentechnik und Formel-E habe ich jetzt nicht zufällig ausgewählt. Beides sind Fortschritte, welche vor allem von linken Parteien wie der SP und den Grünen bekämpft werden. Dies überrascht auf den ersten Blick, beide Technologien könnten massgeblich mithelfen im Kampf gegen den Klimawandel.
Marketing ist unglaublich wichtig bei technischen Innovationen. Elektromotoren können noch so gut sein (und Elektromotoren sind gut, dass kann ich als Systemtechniker bestätigen), wenn die Vermarktung nicht funktioniert, werden sich diese innovativen Technologien nie durchsetzen.
Leider erachten viele Menschen solche Rennen nur als sinnlose Belustigung und sehen die Arbeiten hinter den Kulissen nicht. Um die Leistungsfähigkeit eines Elektromotors zu demonstrieren, gibt es wohl keinen besseren Ort als eine Rennstrecke. Auch für Ingenieure sind solche Rennen eine gute Gelegenheit, um neue Technologien unter Extrembedingungen zu testen und anschliessend zu analysieren.
Auch beim Thema Gentechnik und Atomkraftwerke sehen viele linke Politiker das Potenzial der Technologie im Kampf gegen den Klimawandel nicht. Gentechnisch veränderte Pflanzen würden weniger Wasser und Landressourcen "verbrauchen" und zudem wäre der Einsatz von Pestiziden überflüssig. Dass man mithilfe von Gentechnik Lebensmittelengpässe verhindern könnte und Gentechnik auch im Kampf gegen Erbkrankheiten hilfreich sein kann, sei hier nur am Rande erwähnt.
Eine Auswahl an wichtigen Aussagen:
"Ich bin sehr offen für die Einführung von Roboter und KI, in Bereichen, in denen es sinnvoll ist. In der Politik wären Roboter aus meiner Sicht weniger geeignet, da Empathie, Kompromissfähigkeit etc. wichtige Faktoren unseres politischen Systems sind. Bei wiederkehrenden Aufgaben, wo keine Empathie benötigt wird, macht für mich der Einsatz von Robotern und KI durchaus Sinn. Dies wird aber meistens in der Privatwirtschaft der Fall sein."
"Ich erachte eine 24-Stunden-Gesellschaft als zukunftsorientiert und passend für die laufend verändernden Bedürfnisse unserer Gesellschaft. Vor allem in den Städten wird eine Liberalisierung der Öffnungszeiten nicht mehr wegzudenken sein. Aus meiner Sicht sollte nicht der Staat bestimmen, wann und wie lange die Läden geöffnet sind, sondern die Ladeninhaber. Schon heute erhalten die Mitarbeitenden Zuschläge, wenn sie bis später am Abend oder an Feiertagen arbeiten. Ladenbesitzer können diese Arbeitszeiten weiterhin attraktiv gestalten, damit die Mitarbeitenden bereit sind, diese Arbeitstage in Kauf zu nehmen."
Als Frau gegen die Frauenquote
Erst vor kurzem titelte die NZZ: "Frauenquoten: der Siegeszug eines Denkfehlers". Es ist immer ein bisschen schwierig, wenn ich als männliches Subjekt behaupte, eine Frauenquote würde den Frauen mehr schaden als nutzen. Dann heisst es schnell, ich sei ja schliesslich nicht betroffen und könne so kein Urteil bilden. Es gibt aber auch viele Frauen, welche die Nachteile einer Quotenregelung sehen.
Melanie Racine als weibliches Subjekt sagt es so:
"Quoten stellen Frauen als schwächeres Glied dar, die es ohne Hilfe des Staates nicht schaffen, eine Stelle zu erhalten oder in ein Amt gewählt zu werden. Für mich sind Quoten nur eines: Eine Diskriminierung. Es ist aber ein Fakt, dass Frauen in Führungspositionen untervertreten sind, was ich sehr bedauere. Hier braucht es aber andere Massnahmen, wie z.B. eine Elternzeit, bezahlbare Kinderbetreuungsplätze, Schulungen für Mütter, welche wieder in den Berufsalltag einsteigen etc."
Gleichberechtigung bedeutet Gleichheit vor dem Gesetz, dies ist in der Tat wichtig. Tatsächliche Ungleichheiten der Positionen sind hinzunehmen, da Individuen ungleich sind. Deshalb sind es ja Individuen(?!). Menschen sind schliesslich keine monokulturellen Sklaven.
Das Ideal der Gleichstellung geht hingegen davon aus, dass eine absolute Verteilung der Geschlechter, also 50% zu 50%, notwendig sei. Dieser Gleichheitsgedanke ist tatsächlich schlicht und einfach ein Denkfehler. So starren alle auf die Zahlen bei der Besetzung von Führungspositionen. Wie viele Unternehmen werden von Frauen geführt? Wie hoch ist der Anteil weiblicher Professoren an den Hochschulen? Nur selten geht es um konkrete Frauen und die Anerkennung ihrer Leistung, sondern meistens nur um die Gruppe. Vor allem linke Kreise wollen Gleichheit statt Freiheit, Ergebnisgleichheit statt Chancengleichheit, diese Ideologie dient nicht den einzelnen Frauen, sondern nur der Gruppe aller Frauen.
Wollen wir tatsächlich die absolute Gleichheit, so können wir auch gleich jedem Menschen eine Seriennummer und einen normierten Körperbau zuteilen. Denn auch ein "falscher" (Nach-)Name kann zu Diskriminierung führen. Aber das Ziel des Fortschrittes ist ja eigentlich die souveräne Entfaltung des Individuums und nicht der monokulturelle Gleichschritt. Die Individualität macht uns gegenüber einer Maschine überlegen, auch wenn uns jede Maschine im Schachspiel schlagen kann, unsere Individualität wird sie bis auf Weiteres nicht erreichen.
Werdegang
Bildung
2013 - 2017
Mediamatikerin EFZ mit kaufmännischer Berufsmatura, HKV Aarau / Berufsschule Aarau
2018 - 2022
Bachelor of Business Communications an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich
Beruf
2013 - 2017
Mediamatikerin EFZ, Swisscom
2017 - 2018
Multimediaspecialist im Newsroom, Swisscom
2018 bis heute
Junior-Beraterin / Multimedia Producerin, business4you AG
Politik
Seit 2018
Eventverantwortliche Kanton Solothurn, Jungfreisinnige Schweiz
Seit 2019
Co-Präsidentin Region Solothurn, Jungfreisinnige Schweiz
Webseite von Melanie Racine
https://melanieracine.ch/
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